Mythos Schäfchen zählen: Hilft dieser Trick wirklich?

Lesedauer: ca. 5 Minuten

Ein Schäfchen, zwei Schäfchen, drei Schäfchen, viele Schäfchen… und gute Nacht. So oder so ähnlich soll sie funktionieren, die berühmte mentale Einschlafhilfe mit unseren weißen, wolligen Freunden.

Beim Schäfchenzählen handelt es sich um einen uralten, über Generationen überlieferten Volksglauben. Augen zu, einmal quer über die gedankliche Schafweide, geradewegs Richtung Traumland: Müden, von Einschlafproblemen geplagten Menschen sollen die flauschigen Tiere schon seit jeher den Weg zu tiefem, erholsamem Schlaf geebnet haben.

Bis heute gilt die Methode des Schäfchenzählens als eines der beliebtesten und verlässlichsten Hausmittel gegen Schlaflosigkeit. Doch was sagt die moderne Wissenschaft dazu? Handelt es sich bei der Schäfchenzählerei tatsächlich um einen genialen Trick – oder ist sie am Ende doch nur das „schwarze Schaf“ unter den wirklich wirksamen Einschlafhelfern?

Wir haben uns auf määäh-chtige Spurensuche auf der Schafweide begeben… 

 

Warum zählen wir Schafe?

Der genaue Ursprung der (vermeintlichen?) Einschlafhilfe, bzw. der Redewendung „Schäfchen zählen“ ist nicht eindeutig geklärt. Aus diesem Grund können heute lediglich Vermutungen darüber angestellt werden, wie und warum man einst ausgerechnet Schafe als „Einschlafhelfer in der Not“ auserkor.

Eine Theorie nimmt an, dass die Wurzeln des Schäfchenzählens wortwörtlich auf Schafweiden längst vergangener Zeiten zu finden sind: Schäfer, die ihre Schafherde auf die Weide trieben, zählten das Vieh abends, vor dem Schlafengehen, stets noch einmal genau ab, um sicherzugehen, dass beim Auftrieb kein Tier verloren gegangen war. Oft seien so manchem Hirten, so heißt es, bei dieser ermüdenden Tätigkeit einfach die Augen zugefallen…

Eine weitere Vermutung setzt bei der Erscheinung und dem Naturell der wolligen Tiere an. Schafe wirken gutmütig, friedlich und besonnen. Gemächlich vor sich hin grasend, machen sie einen durch und durch sanftmütigen, tiefenentspannten Eindruck. Zudem sehen sie mit ihrem wolligen Fellkleid und den Schlappohren, zugegeben, einfach zum „Knuddeln“ aus. Auch die Assoziation mit zarten, flauschig-weichen Wölkchen liegt aufgrund ihrer Wolle nahe.

Mit Schafen verbinden wir Ruhe, Wärme und Weichheit: Genau das, was wir auch im Schlafzimmer, während des Einschlafens, wollen und brauchen. 

 

PRO: Lasse die Schäfchen zu dir kommen!

Beginnen wir mit den guten Nachrichten – und zählen wir sicherheitshalber noch einmal durch: Ein Schaf, zwei Schafe… Seid ihr alle da? Oder längst eingeschlafen?

Spaß beiseite. Tatsächlich kann das Schäfchenzählen dabei helfen, Einschlafprobleme zu überwinden. Beim (Schafe) Zählen stellst du deinem Gehirn eine eintönige, sich wiederholende Aufgabe: Ein monotoner und reizarmer Vorgang, der durchaus schläfrig machen kann. Zudem soll die Konzentration auf diese einfache Aufgabenstellung von Sorgen, Stress oder Ärger effektiv ablenken: Sämtliche belastende, „schlafhemmende“ Gedanken werden sanft verdrängt, wodurch Körper und Geist sich entspannen – und du zum ersehnten Schlaf findest.

Allerdings möchten wir ganz ehrlich mit dir sein: Mögen die „wolkengleichen“ Tiere auch noch so niedlich sein, mit den Schafen selbst hat die Wirksamkeit dieser Methode nichts zu tun. Jede Form von reizarmem, eintönigem „Gedankenspiel“ beim Zubettgehen kann eine einschläfernde Wirkung aufweisen: Ob Schaf, Faultier, vertraute Gesichter oder Landschaftsbilder ist unerheblich. Die Hauptsache ist, dass du dich dabei vollkommen entspannen kannst und das gewählte Motiv dich von Sorgen und Stress ablenkt.

Du möchtest es trotzdem mal mit dem Schäfchenzählen probieren? Diese Punkte solltest du dabei beachten:

  • Ehrgeiz ist hier fehl am Platz.
    Ein Schaf, drei Schafe – nein, da fehlt eines! Oder? Wie spät ist es überhaupt? Wie lange zähle ich hier schon? …Stopp! Setzt du dich beim Zählen deiner Schäfchen zu stark unter Druck, schlägt die entspannende Wirkung ins Gegenteil um: Vor lauter Zahlen-Stress liegst du erst recht grübelnd wach. Ein präzises Abzählen ist nicht notwendig: Viel eher geht es um das Vorstellen und Beobachten der Tiere. Mal dir eine große Weide aus, auf der deine Schafherde gemächlich grast, lass dieses friedliche Bild auf dich wirken und verliere dich einfach in dem weiten, wollig-weichen „Wolkenmeer“…
  • Schau trotzdem genau.
    Weiße, verschwommene Flecken, die unmotiviert an deinem inneren Auge vorbei “wabern”? Das ist zu wenig. Wenn schon, dann solltest du dir die Szenerie tatsächlich bildlich vorstellen: Wie sehen deine Schafe aus? Wo grasen sie? Was entdeckst du noch? Natürlich muss in deiner Vorstellung nicht jede Einzelheit naturgetreu und anatomisch korrekt sein, jedenfalls aber sollte sie so detailliert wie möglich sein. So wird deine Phantasie angeregt, du kannst dich besser in deiner „Traumwelt“ verlieren und wirst effektiver von anderen Gedanken abgelenkt.
  • Nur nicht ungeduldig werden.
    Möglicherweise braucht es ein wenig Zeit, bis du die Methode beherrschst, denn Gedanken können flink und unberechenbar sein: Nur einmal blinzeln, schon hat sich schon wieder eine finstere Sorge, die du doch eigentlich unbedingt aussperren wolltest, in dein schönes Schäfchenbild geschummelt… Gib nicht auf! Mit ein wenig Konsequenz wird es deiner Schäfchenherde bald gelingen, Sorgen und Stress aus deinem müden Kopf zu vertreiben. 

 

CONTRA: Falsche Schafe!

Zählst du noch, oder schläfst du schon? Wie bereits erwähnt, kann das Schäfchenzählen leider auch schnell zum Hindernis auf dem Weg Richtung Schlummerland werden.

Eine Studie, welche diese Behauptung untermauert, wurde 2003 von Wissenschaftlern der Oxford University durchgeführt. In Testgruppen wurden unterschiedliche Einschlafmethoden untersucht – mit eindeutigem Ergebnis: Probanden, die Schäfchen zählten, brauchten deutlich länger, bis sie einschlafen konnten.

Die simple Erklärung dafür: Zählen kostet Konzentration. Zudem assoziieren wir damit zuallererst Arbeit und Verpflichtungen: Wir zählen unser Geld, unsere Arbeitsstunden, die Aufgaben auf endlosen To-do-Listen… Bei manchen Menschen kann die Tätigkeit des Zählens (von was auch immer) kurz vor dem Einschlafen deshalb sehr leicht Stress erzeugen: Eigentlich möchtest du nur entspannen, „nichts tun“ und sanft einschlummern – doch dann findest du dich, zwischen Bettdecke und Matratze, erst recht „bei der Arbeit“ wieder.

Bei stark ausgeprägten Unruhezuständen kann das Einschlafen zudem prinzipiell etwas länger dauern, auch mit beruhigenden Bildern im Kopf: Das bedeutet, du zählst länger, erreichst folglich höhere Zahlen, dein Gehirn muss sich immer stärker anstrengen… und an Schlaf ist vor lauter Konzentration nicht mehr zu denken.

Außerdem wurde das aufgezwungene Schafe zählen von den Probanden als eher mühsam, weil eintönig und schlicht „langweilig“, beschrieben.

In der Vergleichsgruppe hingegen waren die Schäfchen nicht verpflichtend: Den Studienteilnehmern wurde lediglich aufgetragen, sich eine individuell angenehme Szenerie vorzustellen. Mit Erfolg: Im Schnitt konnten diese Personen um volle 20 Minuten schneller einschlafen!

 

Lamm-Schaf-Schäfchen

 

Faultier-Fazit

Fast glauben wir, die Schafherde vor lauter Schafen nicht mehr zu sehen! Doch Fakt ist: Aus rein wissenschaftlicher Sicht lässt sich die Wirksamkeit des Schäfchenzählens weder vollständig widerlegen, noch glaubwürdig bestätigen.

Der Vorgang des Einschlafens ist hochkomplex und abhängig von mehreren unterschiedlichen Faktoren, wobei Bedürfnisse und Vorlieben individuell stark variieren können.

Unter anderem solltest du dir überlegen, wieviel du mit Schafen tatsächlich anzufangen weißt. Hast du allgemein wenig Bezug zu diesen oder anderen Tieren, wirst du vermutlich auch kurz vor dem Schlafengehen kaum Gefallen daran finden. Bist du jemand, der beispielsweise gerne in landwirtschaftlichem Umfeld urlaubt und entspannt, findest du bei einer imaginären Schafherde möglicherweise doch dein „einschläferndes“ Glück. Sobald du jedoch aktiv daran arbeiten musst, dir ein Schaf überhaupt erst vor dein inneres Auge zu holen, solltest du über Alternativen nachdenken. Andernfalls käme derselbe negative Effekt zustande wie bei zu präzisen Abzählens der Schäfchen: Viel Druck, wenig Entspannung, kein Schlaf.

Nicht unerwähnt bleiben sollte zudem, dass es sich bei den wollig-weichen Einschlafhelfern lediglich um ein Mittel der Selbsttäuschung handelt. Letztlich ist das Abzählen von Schäfchen (oder anderem) ein geschicktes Ablenkungsmanöver für deine Psyche: Stress wird dabei für eine kurze Zeitspanne verdrängt – gerade solange, bis du eingeschlafen bist. Die Belastung verschwindet dadurch jedoch nicht – weshalb leider nicht auszuschließen ist, dass Sorgen und störende Gedanken dich mitten in der Nacht doch wieder aus dem Schlaf reißen… Bei ernsthaften, länger andauernden Ein- und Durchschlafstörungen ist vom Schäfchenzählen und ähnlichen „Täuschungsmanövern“ daher abzuraten: Anhaltende Schlafprobleme bedürfen genauer Abklärung und erfordern nicht selten eine allgemeine Umstellung der Lebensgewohnheiten.

Bist du allerdings gesund und suchst nur nach einem hilfreichen Trick, der bei leichten Unruhezuständen dein müdes Köpfchen überlistet, ist das gute, alte Schäfchenzählen sicher einen Versuch wert. Sch (l) af gut und schau auf dich!

 

Text: HONGi / Bilder: Kat Jayne und Kate Amos

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