Koffein & Schlaf: Mythen und Fakten über Kaffee im Schlummerland
Kaffee gehört nicht umsonst zu den beliebtesten Getränken – für viele ist er, insbesondere am frühen Morgen, ein unverzichtbarer Teil des Lebens. Aber wie wirken Kaffee und das in ihm enthaltene Koffein eigentlich? Macht zu viel Konsum koffeinhaltiger Getränke immun gegen seine Effekte? Welches Timing empfiehlt sich dabei – gibt es ideale Zeitpunkte für den Koffeinkonsum? In diesem Beitrag erfährst du mehr darüber.
Wie wirkt Kaffee bzw. Koffein?
Anders als viele Menschen vermuten, wirkt Koffein nicht sofort, es entfaltet seine volle Wirkung meist erst nach etwa 45 Minuten und es dauert in der Regel um die 4 Stunden bis der Körper das Koffein zur Hälfte verarbeitet hat (Halbwertszeit). Bis der Körper es vollständig verarbeitet und abgebaut hat, ist jedoch individuell verschieden.
Doch wie wirkt nun das Koffein in unserem Körper? Viele Menschen schätzen die belebende Wirkung von Kaffee am Morgen oder überwinden damit das Mittagstief nach dem Essen. Dieser “Kick”, der durch die Aufnahme von Koffein entsteht, hängt vom Zusammenspiel des Koffeins und dem Nukleosid (organisches Molekül) Adenosin ab:
Adenosin dockt an Rezeptoren im Hirn an und sorgt für eine Verlangsamung des Informationsflusses zwischen den Neuronen – wir fühlen uns müde und sind träge. Dies ist nicht unbedingt von Nachteil, da vom menschlichen Körper durch diesen Effekt eine Überanstrengung der Nervenzellen vermieden wird.
Nimmt man jedoch Koffein zu sich, dockt dieses an den gleichen Rezeptoren wie Adenosin an. Die Rezeptoren für das Adenosin werden somit zu einem Großteil blockiert und eine Verlangsamung der Nervenzellen und des Informationsflusses im Gehirn, findet nicht im gleichen Maße statt. Das Gehirn kann mit hoher Geschwindigkeit weiterarbeiten.
Kann man immun gegen Kaffee / Koffein werden?
Es gibt viele Menschen, die behaupten, dass sie Kaffee nicht merklich spüren. Ist dies tatsächlich möglich? Ja, durchaus – ein hoher Konsum von koffeinhaltigen Getränken kann dazu führen, dass der eigene Körper eine Toleranz entwickelt. Diese Toleranz entsteht dadurch, dass die Blockade der Adenosin-Rezeptoren im Hirn den Körper dazu bringt, eine Vielzahl neuer Rezeptoren zu bilden.
Es ist dann eine erheblich größere Menge an Koffein notwendig, um diese neu gebildeten Rezeptoren ebenfalls zu blockieren und somit die Wirkung des Koffeins zu verspüren. Die Mengen an zu sich genommenem Kaffee, Tee und / oder Energydrinks müssen also stetig steigen, um vergleichbare Effekte zu erzielen.
Es gibt aber auch eine andere Lösung, um mit einer Koffein-Toleranz bzw. Immunität umzugehen: Zwischendurch ein paar Tage Koffeinverzicht zu üben können bereits ausreichen, um den Körper dazu zu bringen, die entsprechenden Rezeptoren im Gehirn wieder zu reduzieren – die Toleranz / Immunität bildet sich zurück und auch geringe Mengen Koffeins erzielen ihre Wirkung.
Wann ist die richtige Zeit für Kaffeegenuss & Koffein-Einnahme?
Wie und in welchem Maße Koffein wirken kann – mal wirkt es schnell und stark, ein anderes Mal eher schleichend und fast nicht spürbar – liegt auch am menschlichen Stoffwechsel sowie an chronopharmakologischen Faktoren (die Chronopharmakologie beschäftigt sich mit der zeitlichen Wirkung und Schwankung von chemischen Substanzen im Körper).
Beim morgendlichen Aufstehen schüttet der Körper Stresshormone aus, die den Stoffwechsel anregen und wach machen. In der Stunde direkt nach dem Aufstehen ist der Wert dieser Hormone am höchsten. Dieser Effekt lässt sich – entgegen allgemeiner Vorstellungen – nicht durch den Guten-Morgen-Kaffee verstärken.
Trinkt man in dieser Phase direkt am Morgen einen Kaffee oder andere koffeinhaltige Getränke, so stärkt man damit lediglich die Toleranz bzw. Immunität gegenüber Koffein. Wirklich wacher macht dies nicht. Aus Genuss- & Gewohnheitsgründen ist der morgendliche Kaffee aber natürlich für Viele schwer wegzudenken 😉
Generell empfiehlt es sich dennoch, das erste koffeinhaltige Getränk erst ca. 2 Stunden nach dem Aufstehen zu sich zu nehmen. Auch um die Mittagszeit und am Abend, ca. zwischen 17:30 & 18:30 Uhr, kommt es jeweils zu einer höheren Ausschüttung von Stresshormonen und Kaffeekonsum entfaltet weniger Wirkung. In der Zeit dazwischen ist die Wirkung von Koffein wieder entsprechend stärker.
Auf Kaffee muss somit glücklicherweise nicht verzichtet werden, lediglich das richtige Timing sollte im Auge behalten werden.
Wann sollte man Kaffee vor dem Schlafengehen trinken?
Eine einfache Frage, auf die es zwar einerseits keine allgemeingültige Antwort gibt, bei der man sich zugleich aber auch auf einige Erfahrungswerte aus Studien stützen kann:
Bei den meisten Menschen kann von etwa 6 bis 8 Stunden ausgegangen werden, die notwendig sind, bis im Körper die belebenden Effekte von Koffein nachlassen. Dies bedeutet wiederum, dass die letzte Tasse Kaffee ca. gegen 16 bis 18 Uhr am Nachmittag getrunken werden sollte – sofern man keine allzu große Nachteule ist und sich zwischen 22 Uhr und Mitternacht ins Schlummerland begeben möchte.
Dennoch ist dieser Zeitraum nicht in Stein gemeißelt, da die Wirkung von Koffein individuell verschieden ist und du zudem deinen Körper beeinflussen kannst: So kannst du der schlafhemmenden Wirkung von Koffein entgegenwirken, indem du beruhigende pflanzliche Mittel zu dir nimmst, deren chemische Inhaltsstoffe ähnlich wie Adenosin wirken und dafür sorgen, dass du besser einschlafen kannst.
Übrigens: Ein paar Beispiele für solche pflanzlichen Schlafmittel findest du in unserem Artikel “Natürliche Einschlafhelfer: Besser gesund einschlafen”.
Warum können manche Menschen Kaffee sogar zum Einschlafen trinken?
Du kennst sicher auch die eine oder andere Person in deinem näheren Umfeld, die Kaffee sogar zum Einschlafen verwendet oder der es komplett egal scheint, wann sie ihre letzte Tasse trinkt. Auswirkungen auf den Schlaf verspüren solche Personen, trotz des Koffein-Kicks, entweder keine oder in anderen Fällen schätzen sie sogar diese Effekte als Werkzeug, um bessere oder belebtere Träume zu haben.
Fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse bzw. komplexe Studien gibt es hierzu leider noch keine. Es scheint Menschen zu geben, die anders auf Koffein reagieren als andere, was meist durch pharmakologische Faktoren und individuelle Unterschiede in der Koffein-Aufnahme und Verarbeitung bedingt ist.
Da sich Koffein positiv auf die Durchblutung des Körpers auswirken kann, wird vermutet, dass dies ein Faktor für ein besseres Einschlafen bei manchen Menschen sein kann. Auch der Zeitpunkt der Koffeineinnahme mag dabei ebenfalls eine Rolle spielen.
Schläft man bspw. noch vor Eintritt der Koffeinwirkung ein, so profitiert der Körper von der besseren Durchblutungswirkung und der Geist spürt die belebenden Auswirkungen erst in späteren Schlafphasen. Dies mag auch eine Erklärung für die von einigen Menschen geschilderten Verbesserungen des Träumens sein (siehe unseren Beitrag “REM-Schlaf, Träume & Gedächtnis” zum Vergleich).
Text: HONGi / Bild: Nathan Dumlao
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