HONGi Interview: Doktor Benedict verschreibt Schlaf als Medizin
Lesedauer: ca. 4 Minuten
Schlau, schlank und gesund über Nacht? Doktor Benedict ist sich sicher, dass es möglich ist. Seine Forschungen bestätigen, dass Schlaf eine große Auswirkung auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden hat. Wir sind neugierig geworden und wollten mehr darüber erfahren, doch bevor wir beginnen, möchten wir ihn vorstellen. Den Schlafforscher, mit dem wir gesprochen haben. Also hier ist er:
Christian Benedict ist ein deutscher Humanbiologe, Neurowissenschaftler und Ökotrophologe und Buchautor. Seit August 2009 ist er am Institut für Neurowissenschaften an der Universität Uppsala in Schweden tätig. Im Rahmen seiner Forschung widmet er sich den Ursachen und Folgen des Schlafentzuges. Für seine Arbeit wurde er mehrmals ausgezeichnet. Heute, am 6. September 2019, kommt sein neues Buch heraus. Es heißt „Schlaf ist die beste Medizin“ und Doktor Benedict erklärt darin, welche positiven Einflüsse Schlaf auf unser Leben hat! In einem Interview verriet er uns mehr über sich und sein Buch.
HONGi: Herr Benedict, Sie widmen sich dem Thema Schlafentzug und seinen Folgen. Wie sind Sie dazu gekommen, Ihre Forschung auf diesem Gebiet durchzuführen? Woher kommt das Interesse am Schlaf?
Dr. Christian Benedict: Ein Grund ist meine Zeit als Doktorand in der Arbeitsgruppe von Professor Jan Born, einem der berühmtesten Schlafforscher der Welt. Die Zeit in Borns Gruppe an der Uni Lübeck war durch Schlaflosigkeit geprägt, da alle meine vier Kinder währenddessen auf die Welt kamen. Heute sind sie 15, 14, 12 und 11 Jahre alt. Und ich kann aus persönlicher Erfahrung sagen, dass das Sprichwort „Kleine Kinder, kleine Sorgen. Große Kinder, große Sorgen“ nicht auf den Schlaf zutrifft. Es heißt eher: Kleine Kinder, kein Schlaf, große Kinder, kein Schlaf ;-).
Welche Folgen von Schlafentzug können Sie uns nennen?
Akuter Schlafmangel verschlechtert die Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit und unser Lernvermögen. Außerdem verhalten wir uns eher impulsiv und aggressiv, sehen Dinge weniger positiv und wirken auf andere Menschen weniger attraktiv. Langfristiger Schlafentzug ist laut Studienlage ein Risiko für eine Vielzahl von Erkrankungen, wie beispielsweise Übergewicht, Altersdiabetes, Alzheimer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Gab es Erkenntnisse, die Sie während Ihrer Forschung sehr überrascht haben?
Dass Schlaf alles andere ist, als ein inaktiver und zeitverschwenderischer Zustand.
Am 6. September kommt Ihr Buch „Schlaf ist die beste Medizin“ raus. Wieso haben Sie sich entschieden das Buch zu schreiben?
Mein Buch ist eine Hommage an unseren lebenslangen Freund, den Schlaf. Ich lege viel Wert darauf, mit meinem Buch die positiven Eigenschaften des Schlafes hervorzuheben, anstatt dem Leser mit furchteinflößenden Studienergebnissen die Nachtruhe zu nehmen. Schlaf ist dein Freund, nicht dein Feind! Außerdem beschäftige ich mich in dem Buch intensiv mit der Frage, ob Schlaf – gut oder schlecht – eine reine Frage von Schwarz oder Weiß ist.
Für wen ist das Buch gedacht?
Für schlafende, nicht schlafende, gegenwärtige und zukünftige Schlafliebhaber.
„Schlau, schlank und gesund über Nacht,“ steht auf der Titelseite des Buches. Aber ist es wirklich so einfach? Hat der Schlaf tatsächlich so einen großen Einfluss auf uns?
Er trägt auf jeden Fall dazu bei, wenn auch begrenzt. Schlaf kann Neuerlerntes nur fördern, wenn ich es vorher am Tag bereits gelernt habe. Genauso wenig kann Schlaf allein die Gesundheit fördern, wenn ich ansonsten einen schlechten Lebensstil führe.
Was würden Sie Menschen sagen, die behaupten, man kann auch mit wenig Schlaf auskommen?
Ausnahmen bestätigen die Regel! Die meisten Menschen kommen allerdings nicht mit wenig Schlaf aus. Ein häufiges Problem ist die Selbstwahrnehmung. Beispielsweise behaupten Menschen häufig nach Schlafentzug, dass der Schlafmangel ihnen nichts anhabe. Schaut man dann genauer auf die Leistung, indem man diese mit Gedächtnis- oder Konzentrationstests prüft, wird dennoch deutlich, dass das nicht stimmt.
Glauben Sie, dass die heutige Gesellschaft mehr unter Schlafproblemen leidet? Wenn ja, woran kann das liegen?
Auf jeden Fall stehen die Folgen des Schlafentzuges immer mehr im medialen und gesellschaftlichen Fokus. Das kann schnell dazu führen, dass viele Leute bei kleinsten Schlafproblemen sich bereits besonders gestresst fühlen.
Ein weiterer potentieller Schlafräuber sind unsere Smartphones. Diese lassen die Grenzen zwischen Arbeit- und Privatleben verschwimmen, so dass man sich nicht mehr ausreichend erholen kann. Sie können auch zu Stress führen, beispielsweise wenn man spät am Abend noch seine Arbeits-E-Mails öffnet. Erschreckenderweise nutzen viele Leute ihre Handys auch in der Nacht. Eine Studie mit 1.800.000 australischen Kindern und Jugendlichen hat ergeben, dass 25% der 7-8-jährigen Kinder mindestens zweimal in der Nacht einen Screen einschalten. Unter den der 17-18-jährigen waren es unglaubliche 85%.
Wenn wir alle ausreichend und gut schlafen würden, würde sich, Ihrer Meinung nach, das Bild der heutigen Gesellschaft positiv verändern?
Laut Studien fördert Schlaf die Einsicht. Wir haben schlichtweg eine höhere Chance, Lösungen für ungelöste Probleme zu finden, wenn wir darüber eine Nacht schlafen. Ob das dann bedeutet, dass der Schlaf allein alle gesellschaftlichen Probleme lösen kann, und damit die Gesellschaft positiv verändern kann, erscheint möglich, ist aber nicht abschließend aus wissenschaftlicher Sicht zu bewerten ;-).
Haben Sie Tipps für Menschen, die wenige Möglichkeiten haben, gut zu schlafen wie zB junge Mütter, Schichtarbeiter etc.?
Für junge Eltern: Schlaf, wann immer du kannst, ich spreche aus eigener Erfahrung! Außerdem solltest du von Anfang an eine Schlafroutine für dein Kind einführen.
Für die Allgemeinheit: Am Tag sollst du Licht tanken, Sport treiben und essen. Am Abend hingegen sollst du das Licht dimmen, keinen schweißtreibenden Sport treiben und fasten. All dies hilft deiner inneren Uhr zu entscheiden, wann es Zeit ist, sich hinzulegen, und wann es Zeit ist, aktiv zu sein.
Vielen Dank für das Interview und viele erholsame Nächte wünscht das HONGi-Team!
Danke! May the sleep always be with you!
Text: HONGi / Bilder: HONGi und Stefan Tell
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Herr Dr. Benedict schreibt, wie wichtig der Schlaf ist, aber er schreibt nicht, warum wir schlafen müssen und warum wir bestraft werden, wenn wir diese Zeiten nicht einhalten ? Er erwähnt lobend einen Professor, der nun wirklich nicht weiß, was im Kopf los ist. Seine Äußerungen im Netz : Es gibt keinen sicheren Beweis, dass Menschen im Schlaf träumen. Der Traum ist ein Konstrukt, den sich das erwachende Gehirn zusammenbastelt. Träume sind nicht wichtig usw. Wie kann ein Professor und Schlafforscher so etwas Schwachsinniges von sich geben ??
Vielen Dank für dein Feedback und die ehrlichen Worte, lieber Harald. Mit „bestraft“ sind wohl die zu erwartenden gesundheitlichen Folgen anhaltenden Schlafentzugs und dauerhaft unregelmäßiger Schlafrhythmen gemeint. Liebe Grüße, dein HONGi Team